Bäcker mit Laib und Seele
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Das Märchen von den Friesentalern

Es war einmal ein kleines Mädchen, das lebte mit Vater und Mutter mitten im schönen Nordfriesland, direkt an der Grenze zu Dithmarschen. Sie waren arm, aber rechtschaffen, und sie hatten einander, das genügte ihnen.

Doch als einmal ein harter Winter kam, so kalt, dass selbst die Nordsee gefror, da wurde erst der Vater krank und starb, und aus lauter Gram erkrankte auch die Mutter und starb wenig später. Da war das arme Mädchen ganz allein auf der Welt. Verwandte gab es nicht, und um selbst für Brot und Obdach zu sorgen, dafür war sie noch zu jung.
Noch bis Ende des Monats, es war November, ließ sie der Vermieter im Haus wohnen, dann aber sagte er zu ihr: „Geh hinaus in die Welt, jetzt musst du schauen, dass du doch um dich selbst kümmerst, ich brauche das Haus.“
Da weinte das Mädchen bitterlich und packte seine wenigen Habseligkeiten zusammen. Ein paar Äpfel hatte sie noch, ein Brot und die Kleidung, die sie am Leibe trug. Ein Mützchen setzte sie sich noch auf und warf den Umhang über, den immer ihre Mutter getragen hatte. Dann machte sie sich zu Fuß auf und zog davon, über die Eider nach Dithmarschen.

Es wurde schon Abend, als sie eine alte Frau am Wegesrand sitzen sah, die gar erbärmlich aussah. „Mich hungert“, rief sie. Und weil das Mädchen ein mitleidiges Wesen hatte, setze sie sich zu ihr und sie teilten das Brot und die Äpfel. Am anderen Tag trennten sich ihre Wege und die Frau gab ihr noch einen Segensspruch mit auf den Weg.
Gegen Mittag traf sie auf einen Mann, glatzköpfig und vor Kälte zitternd. „Schenk mir deine Mütze, mich friert so am Kopfe“, rief er. Und das Mädchen nahm seine Mütze ab und schenkte sie dem Mann. „Gott behüte dich“, sprach dieser.

Kurz bevor die Sonne unterging, traf das Mädchen auf ein kleines Kind, das saß am Wegesrand und trug nur einen fadenscheinigen Kittel. „Mir ist so kalt!“, weinte es vor sich hin. Da hatte das Mädchen wieder Mitleid und schenkte dem Kind den wärmenden Umhang.
Nun hatte sie selbst weder Essen noch wärmende Kleidung und doch war es ihr leicht ums Herz. Zur Nacht versteckte sie sich unter einem ausladenden Busch und schlief sofort ein. Im Traum sah sie einen Engel, der ihr zuflüsterte: „Sammle ein, was am nächsten Morgen um dich herum liegt und geh damit in der nächsten Stadt zum Bäcker und sag ihm, du hättest ein Rezept für ihn, das ihn mit Glück überhäufen würde.“ Und der Engel ließ viele Sterne auf das Mädchen regnen, die wie Goldtaler blitzen.
Am Morgen erwachte das Mädchen mit Freude im Herzen und blickte sich um. Da lagen Hunderte von Haselnüssen unter dem Busch, gerade so, als hätte sie der Strauch extra für sie abgeworfen. Sie aß ein paar zur Stärkung und sammelte die anderen in ihrer Schürze und machte sich wieder auf den Weg. In der nächsten Stadt erkundigte sie sich nach dem Bäcker. Man wies ihr den Weg. Als sie zur Bäckerei kam, hörte sie ein Geschrei und kurz danach flog ein junger Bursche aus der Tür und hinter ihm zürnte mit rotem Kopf der Bäcker: „Lass dich nie wieder sehen, du Schurke von einem Gesellen!“
„Oh je“, dachte das Mädchen, „wo bin ich hier nur hingeraten?“ Aber sie fasste sich ein Herz und trat auf den Bäcker zu. „Was willst du?“, brummte dieser schlecht gelaunt. „Ich bringe euch ein Rezept und die Zutaten gleich dazu.“ „Ha, wer ist denn hier der Bäcker, du oder ich? Hau ab!“ Der Bäcker wollte zurück in die Backstube, da sprach das Mädchen: „Herr Bäcker, ich soll euch diese Nüsse bringen und euch das Rezept für köstliche Plätzchen nennen, mit denen ihr überall berühmt werdet!“ Neugierig wandte sich der Bäcker noch einmal um, denn tatsächlich war er auf der Suche nach dem ganz besonderen Weihnachtsgebäck, das einerseits schlicht sein sollte, aber unvergleichlich lecker und obendrein den richtigen Biss haben sollte. „Dann lass mal hören!“ Und das Mädchen kippte ihm die Haselnüsse vor die Füße und flüsterte ihm zu, was ihr der Engel aufgetragen hatte. „Hm … hm … das könnte wohl gehen …“, knurrte der Bäcker. „Dann komm mal rein und hilf mir.“

Zusammen machten sie sich an die Zubereitung: Erst mussten die Nüsse geknackt und gemahlen werden, der Teig wurde angerührt, Zimt dazugegeben und schließlich die Plätzchen in die richtige Form gebracht werden.
Und als der Bäcker die Bleche aus dem Ofen zog, lagen da hauchdünne, golden schimmernde Kekse, die aussahen wie Goldtaler. Der Bäcker war begeistert, packte sie in Portionstüten und bot sie gleich zum Verkauf an. Die Dithmarscher waren begeistert, so etwas Köstliches hatten sie lange nicht gegessen. Jeder wollte die Kekse haben. Und weil das Mädchen ihm Glück gebracht hatte, nannte er die Plätzchen ihm zu Ehren: Friesentaler. Entgegen jeder Tradition durfte das Mädchen als Lehrmädchen bei ihm bleiben und wurde später seine Frau und sie lebten glücklich und zufrieden und blieben ihr Leben lang wohltätig, weil doch die Mitleidsfähigkeit seiner Frau das Glück wie ein Regen aus goldenen Talern über sie gebracht hatte.