Bäcker mit Laib und Seele
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Die Legende vom Kuchen im Wappen

Einst gab es auch in Dithmarschen Adelsgeschlechter mit großen Gütern und Ländereien. Heute sind diese längst vergessen. Aber es gibt noch Legenden und Sagen darüber und eine davon wollen wir euch heute erzählen.

Ein vornehmer Herr und seine Frau hatten nur ein einziges Kind, einen Sohn namens Karl-Heinrich. Dieser Junge war ihr Augapfel und sie liebten ihn über alles. Eines Tages spielte er auf dem Anger des Gutshofes, als eine Horde wilder Männer auf Pferden vorbeikam und kurzerhand das Kind ergriffen und davonritten. Die Eltern waren untröstlich und besonders die Mutter grämte sich sehr. Jahr um Jahr verging, ohne dass sie jemals wieder etwas von ihrem Kind hörten.
Den wilden Männern indes war das Kind schon bald überdrüssig geworden, es behinderte sie nur bei ihren Raubzügen, außerdem wirkte es schwächlich und zu gutmütig, als dass man es zum Raubgesellen hätte heranziehen können. So verkauften sie den Jungen irgendwo im Hessischen an einen Kuchenbäcker, der gerade Hilfe benötigte, weil er nicht mehr der Jüngste war.

Dort wuchs Karl-Heinrich nun heran. Und es war kein schönes Leben. Früh morgens, wenn andere noch schliefen, musste er schon dem Kuchenbäcker zur Hand gehen, später am Tag den Hof kehren, das Pferd versorgen und der Frau bei der Hausarbeit helfen. Obwohl das Leben hart war, bewahrte er sich sein gutes Gemüt. Und mit der Zeit begann er die Kuchenbäckerei zu lieben. Und ob ihr es glaubt oder nicht: Der Kuchen, der von ihm gebacken wurde, schmeckte immer besonders gut. Daher kamen die Kunden aus nah und fern und der Kuchenbäckermeister wurde immer wohlhabender. Doch er wurde auch älter und älter und schließlich kam der Tag, an dem er starb. Die nun reiche Witwe wollte nun ihr Leben genießen und schickte Karl-Heinrich mit den Worten davon: „Lohn bekommst du nicht. Aber von mir aus, nimm dir alles aus der Backstube, was du brauchst, und den alten Gaul kannst du auch mitnehmen!“ Weil Karl-Heinrich immer zu allen liebenswürdig gewesen war, halfen ihm ein paar Leute, einen Wagen zu zimmern, den er belud. Dann spannte er das Pferd davor und machte sich auf in die weite Welt.

So zog er von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt und von Land zu Land. Und überall fand er sein Auskommen, denn wo immer er war, erfand er Kuchenrezepte, die zur jeweiligen Gegend passten.
Inzwischen war aus ihm ein stattlicher junger Mann geworden und er hatte durch seine Fertigkeit, diese ganz besonderen Kuchen zu backen, sogar so etwas wie Berühmtheit erlangt. Oft hatte man ihn gebeten, sich niederzulassen, doch in ihm war eine Unruhe, die er selbst nicht verstand.
So führten ihn seine Reisen schließlich auch ins Holsteinische, nach Dithmarschen. Auch hier bot er seine Fertigkeiten an und schnell sprach ganz Dithmarschen von diesem Kuchenbäcker. Die Kunde verbreitete sich schließlich auch bis zum adligen Gut und die Herrin schickte einen Boten mit einem Auftrag. Karl-Heinrich möge für einen persönlichen Gedenktag sich etwas Besonderes einfallen lassen.
Der junge Kuchenbäcker überlegte nicht lange. Eben erst hatte er eine große Fuhre frische Kirschen aus dem Alten Land erstanden, dazu goldenes Mehl von den Feldern Dithmarschens, frische Butter aus der Milch Holsteiner Kühe, Zucker und Eier. Daraus stellte  er einen „Pfund auf Pfund“-Rührteig her, darauf die Kirschmasse und viele knusprige Streusel – fertig war der Kirschstreuselkuchen, den er auch pünktlich anliefern wollte.

Er fuhr also zum Adelsgut, um den Kuchen zu übergeben. Im Hof erwartete ihn schon die Herrin persönlich. Sie ging auf ihn zu und erstarrte in der Bewegung, als ihr Blick auf Karl-Heinrich fiel. „Nein, das kann nicht sein“, sprach sie erstaunt. Aber ein Mutterherz vergisst nie – und so durchzuckte sie die Erkenntnis: „Bist du es, Karl-Heinrich? Ja, du bist es – ich weiß es!“ Und sie umarmte den erstaunten Kuchenbäcker und erklärte ihm, dass er ihr entführtes Kind sei und just an diesem Tage der Gedenktag seiner Entführung sei. Und da durchströmte ihn plötzlich ein nie gekanntes Gefühl und er wusste auf einmal, was ihm gefehlt hatte: Heimat.
Zum Andenken an seine glückliche Wiederkehr nahm die Familie den Kuchen als Zeichen in ihr Wappen auf und sie lebten glücklich und zufrieden.

Die adlige Familie ist heute längst vergessen, das Wappen trägt auch niemand mehr, aber den Kirschstreuselkuchen, der ist unvergessen und den isst man heute noch gerne in Dithmarschen.

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