Bäcker mit Laib und Seele
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Skipper – wie Brötchen und Krabben zusammenfanden

Die Dithmarscher sind ja seit jeher zum Krabbenfang hinausgezogen. Früher, in alten Zeiten, war das noch sehr mühsam, da musste man zu Fuß bei Ebbe im Wattenmeer mit einem Schiebenetz, dem „Jall“, die Krabben aus dem Schlick fischen. Dafür gab es aber damals so viele Krabben an der Westküste, dass man sie sogar den Schweinen und Enten zum Fraß vorgeworfen hat. Aber als es auch an der Westküste immer mehr Menschen gab, entdeckte man, dass man mit der Wattenfischerei auch gut den Speiseplan der Bewohner bereichern konnte. Und so fuhr man denn hinaus zum Krabbenfischen.

Einer von ihnen war Skipper Hein mit seinem Kutter.
– Für alle Landratten: Skipper, das ist der Bootsführer, also sozusagen der Chef an Deck -.

Tagein, tagaus ging es hinaus auf die Nordsee. Und obwohl man ja als Skipper eines Krabbenkutters eine durchaus verantwortungsvolle Position hat, denn die Krabben wollen ja nicht nur gefangen und gekocht, sondern auch gut vermarktet werden, und obwohl das Geschäft gut lief, wurde Hein immer unzufriedener und ließ seine schlechte Laune an Bord meist an seinem Bootsmann und zu Hause an seiner Familie aus.
Skipper Hein wollte mehr sein als ein einfacher Krabbenfischer, er wollte, dass man sich auch nach seinem Tod noch an ihn erinnern würde. Aber wie sollte man das als Krabbenfischer schon erreichen? Mit Seesternen, Plattfischen, Heringen und Kabeljau als Beifang ging man nun mal nicht in die Geschichte ein, das war selbst Hein klar, obwohl er nur ein paar Jahre zu Schule gegangen war.

Da war guter Rat teuer; und so verbrachte er so manche Nacht an Deck seines Kutters, sah zu den Sternen und sandte bei jeder Sternschnuppe einen stummen Wunsch in den Himmel.

Eines Tages im Frühjahr, es wollte nicht so richtig Frühling werden, denn es stürmte noch und er hatte nicht rausfahren können, saß er in seiner Lieblingskneipe und grübelte vor sich hin.

Da kam Bäcker Karl herein: „Darf ich mich zu dir setzen, Hein?“ „Meinetwegen“, brummte Hein und kippte einen weiteren Köm. „Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?“, fragte Karl. Hein wollte erst nicht mit der Sprache herausrücken, aber dann erzählte er dem Bäcker von seinem Leid.
„Hm … ich verstehe dich, mir geht es ähnlich“, meinte zustimmend Bäcker Karl, „aber lass uns doch gemeinsam überlegen.“ Doch während Skipper Hein weiter Trübsal blies, wälzte Karl einen Gedanken nach dem anderen, bis er plötzlich aufstand und rief: „Ich habe da eine Idee! Schnell, Hein, der Wind flaut ab, schau zu, dass du mir morgen frische Krabben in die Backstube bringst!“

Es brauchte etwas Gewalt, bis Karl den angetrunkenen Skipper aufgescheucht und nach Hause gebracht hatte. Dann eilte er sofort in seine Backstube und experimentierte die ganze Nacht mit neu ersonnenen Rezepturen, bis er am Morgen endlich die neue Backware aus dem Ofen zog, mit der er Skipper Hein überraschen wollte.
Der kam dann endlich verkatert am frühen Nachmittag mit einer Schüssel frisch gepulter Krabben in die Backstube. „Hier sind die Krabben – und nun?“, fragte Hein.
„Pass auf!“, sprach Karl und zog hinter seinem Rücken einen Korb hervor. Hein beugte sich darüber und meinte: „Ja, und? Das sind Brötchen. Was ist daran so besonders?“
„Das sind nicht irgendwelche Brötchen – warte, ich zeig es dir!“

Karl nahm ein Brötchen, schnitt es auf, bestrich eine Seite dick mit Butter und presste dann möglichst viele frische Krabben zwischen die zwei Hälften: „Jetzt probier!“
Hein betrachtete das Ganze etwas misstrauisch, biss dann aber herzhaft und hinein … und strahlte übers ganze Gesicht: „Das schmeckt! So kross und resch und dazu das weiche Krabbenfleisch. Eine köstliche Kombination!“

Bäcker Karl freute sich angesichts des Lobs und erklärte: „Ich habe in den Teig zusätzlich zum Weizenmehl etwas Grieß gegeben, damit das Brötchen nicht so schnell durchweicht, da kann man schon viele auf Vorrat füllen und sie über den ganzen Tag verkaufen. Ab sofort kann jeder unterwegs etwas Wertvolles essen, sogar wenn er in Eile ist.“
„Du bist ganz schön clever“, meinte Hein, „lass uns doch die Erfindung ‚Krabbenbrötchen‘ taufen!“
„So machen wir das“, erwiderte Karl und fügte hinzu: „Und den Verkaufserlös teilen wir uns – und weil du mich quasi auf die Idee mit dem Brötchen gebracht hast, nenne ich es dir zu Ehren SKIPPER!“

Und so verdanken die Dithmarscher dem Skipper Hein und dem Bäcker Karl nicht nur Krabben und eine leckere, einzigartige Brötchensorte, sondern auch das erste Krabbengericht, das man auch unterwegs essen kann: das Krabbenbrötchen.

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