Bäcker mit Laib und Seele
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Der Bäcker, die Ünnererschen und der Butterkuchen

Nun hört gut zu, was wir euch heute zu erzählen haben. Denn die Geschichte reicht weit zurück in alte heidnische Zeiten. Überall im Schleswig-Holsteinischen kennt man die Erzählungen von den Ünnererschen, den Unterirdischen. Man findet sie dort, wo ganz früher in uralten Zeiten diejenigen lebten, die überall im Lande ihre Hünengräber hinterließen. Und dort, wo man heute oft nur noch einen Hügel sieht, wohnen sie immer noch. Und durch finstere Gänge finden sie ihren Weg in die Keller der Menschen und von dort auch in deren Häuser. Und dann treiben sie allerhand Schabernack, aber auch so manch bösen Schadenszauber, wenn die Menschen ihnen nicht gewogen waren. Denn man muss sich gut stellen mit den Ünnererschen ...

Im Laufe der Zeiten ging das Wissen um die Existenz der Unterirdischen immer mehr verloren. Und wenn man etwas vermisste hatte, dachte man eher an seine eigene Schusseligkeit, und wenn sich das Unglück in einem Hause häufte, dann haderte man mit Gott und dem Schicksal.

Und so trug sich einst, mitten im Herzen von Dithmarschen, Merkwürdiges zu. Der alte Bäcker des Dorfes war verstorben, er hatte keine Erben und die Backstube stand leer. Da verschlug es zufällig den jungen Bäckermeister Karl in die Gegend, und weil die Dorfbewohner ihn baten, zu bleiben, übernahm er kurzerhand Haus und Backstube und machte sich frisch ans Werk. Die Bäckerei blühte auf, denn seine Backwaren wurden bald schon weit über die Dorfgrenzen hinaus bekannt. Doch gerade als alles so gut lief für Bäcker Karl – er hatte geheiratet, das erste Kind lag schon in der Wiege -, begannen seltsame Ereignisse, für die er keine Erklärung fand. Und immer geschah es des Nachts.

Einmal war ein ganzer Sack Zucker verschwunden. An einem anderen Morgen fehlten die Eier. Eine Schüssel mit Kuchenteig war am nächsten Tag wie leer geschleckt. Und eines Tages fehlte sogar der frisch angesetzte Sauerteig, den er dringend zum Brotbacken benötigte. Aber es war nicht nur das. Denn auch Dinge im Haus verschwanden – die Kinderrassel, Schlüssel, die silberne Haarspange seiner Frau, ja sogar die Hausbibel. Und entweder blieben sie verschollen und tauchten an Stellen wieder auf, wo sie unmöglich sein konnten: So lag sein Teigschaber verkohlt im Ofen und sein Gesangbuch war im Mehlsack vergraben. Natürlich dachte Karl zunächst an Einbrecher oder an übermütige Kinder; aber als er das ausschließen konnte, zweifelte er gar an seinem Verstand. Er besprach sich mit seiner Frau und die – eine plietsche Dithmarscherin – riet ihm, doch einmal die alte, weise Frau des Dorfes zu holen.

Gesagt, getan. Und siehe da, die Alte hatte schnell eine Antwort zur Hand: „Das können nur die Ünnererschen sein! Gott bewahre! Hast du denn den Zugang zum Keller nicht verriegelt?“ Bäcker Karl war erstaunt, davon hatte er noch nie gehört. Und überhaupt, welcher Keller, hier im flachen Land hat doch niemand einen Keller. Da aber die Bäckerei auf einer kleinen Anhöhe stand, hatte sie tatsächlich einen längst vergessenen und halb verschütteten Keller. Da kam man zwar als Mensch nicht mehr hinunter, aber herauszukommen, war für die Unterirdischen natürlich kein Problem. Da war guter Rat teuer. Die weise Frau riet ihm: „Du musst sie besänftigen – am besten mit einer deiner Backwaren. Sonst droht deiner Familie Gefahr! Leb mit ihnen, aber sei ihnen gewogen.“ Gut, dachte sich Karl, da muss ich mir etwas einfallen lassen, ich geh hier nicht weg, das Geschäft läuft gut, das lass ich mir nicht verderben. Und er machte sich auf, einen Kuchen zu backen, den er immer blechweise backen konnte, sodass ein paar Stücke entbehrlich sind. Einfach sollte er sein, dennoch nahrhaft und lecker, sodass man ihn mit Appetit jeden Tag verzehren konnte. Und so nahm er Weizenmehl, Zucker, Eier, Buttermilch, Mandeln, Hefe und gute Butter und backte daraus einen luftigen Blechkuchen. Den stellte er nun zur Nacht einladend mitten in die Backstube und war die ganze Nacht gespannt, was passieren würde. Und tatsächlich: Der Kuchen war weg – bis auf den letzten Krümel. Das probierte er nun mehrere Nächte und nach sieben Tagen war nicht nur der Kuchen weg, sondern es lag sogar ein Geschenk da: ein kleiner Sack mit Goldtalern. Und so ging es zu … jeden Tag spendierte er den Ünnererschen ein extra Blech Kuchen – den er übrigens inzwischen auch in der Bäckerei als Butterkuchen sehr gut verkaufte – und immer wieder gab es kleine Geschenke für ihn und seine Familie, von denen er der Dorfgemeinschaft und natürlich der weisen Frau gerne etwas abgab.

Und so lebten Bäcker Karl, seine Familie und das ganze Dorf glücklich und zufrieden mit den Ünnererschen bis an ihr Lebensende. Denn wer Gutes tut, bekommt auch Gutes zurück!

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