Es waren schöne Zeiten, und der Familie und der Bäckerei von Karl ging es gut. Und so sollte im Sommer Tochter Karlotta zum Traualtar geführt werden, um das Glück zu vervollkommnen. Karlotta war dem jungen Metzger Hans, dem Sohn vom Metzgermeister Johann aus Meldorf, versprochen.
Beide Familien waren überglücklich, denn man spürte die Liebe zwischen dem jungen Paar, und Brot und Wurst gesellen sich gut und gerne.
Und so trafen sich die Eltern in der Küche von Bäcker Karl, um das Hochzeitsmahl abzustimmen. Schnell waren sich beide Familien einig, denn das Beste vom Bäcker und das Beste vom Metzger lassen sich gut kombinieren.
Man wählte aus: Die Hochzeitstorte von Bäcker Karl und den Festtagsbraten von Metzger Johann. Eine frische Hochzeitssuppe aus der Metzger-Küche und feines Kaffeegebäck aus Karls Backstube.
Direkt nach der Einigung merkte Metzgermeister Johann froh und unbeschwert an: „Und wenn Karlotta und mein Hans als frisch vermähltes Brautpaar aus der Kirche treten, werde ich Sie mit einer extra langen Dithmarscher-Mettwurst begrüßen, so dass das Brautpaar als erste gemeinsame Handlung unsere Mettwurstspezialität anschneiden und den Gästen reichen kann.“
Das gefiel Bäcker Karl gar nicht. Seine geliebte Karlotta sollte als erste Handlung nach ihrer Hochzeit eine Wurst anschneiden und kein frisches Brot!? Wo sollte das hinführen? Bäcker Karl war zutiefst in seiner Bäcker-Ehre gekränkt und sprach: „Da kommt nichts nach! Meine Karlotta soll Brot riechen, fühlen und schmecken, wenn sie frisch vermählt ist! Sonst wird es keine Hochzeitstorte und feines Gebäck von mir geben!“ Bäcker Karl wandte wutentbrannt dem alten Metzger den Rücken zu und ging ohne weitere Worte. Der alte Metzgermeister erwiderte grimmig: „Da will man was Gutes tun und dann wird es einem nicht gedankt!“ Und auch er verließ wutentbrannt das Geschehen.
Ratlos zurück blieben die Ehefrauen von Bäcker Karl und Metzger Johann. Sie kannten ihre Männer nur zu gut und wussten, dass keiner von beiden einen Schritt auf den anderen zugehen würde. Die Situation schien aussichtslos und man befürchtete schon, dass die Hochzeit aufgrund der Sturheit der Männer scheitern könnte. Und als die Frauen so vor sich hin grübelten, kam Karlotta in die Küche. Sie nahm sich eine Scheibe Rosinenbrot aus dem Brotkasten, schnitt zwei Scheiben von der guten Mettwurst von Hans ab, belegte das Rosinenbrot damit und biss herzhaft hinein. Sie genoss es und drehte sich dabei zu den Frauen um und fragte ganz unverblümt: „Was seht ihr so ratlos und traurig aus?“ Man hörte förmlich, wie den Müttern der belastende Stein gleichzeitig vom Herzen fiel und beide zeitgleich aufseufzten: „Das ist die Lösung! So werden wir das Problem salomonisch lösen! Karlotta wird das Rosinenbrot nach der Trauung aus der Hand von Vater Karl anschneiden, und Hans wird die Mettwurst aus der Hand von Metzger Johann anschneiden; und dann werden Karlotta und Hans gemeinsam den Brautgästen frisches Rosinenbrot mit original Dithmarscher Mettwurst reichen.“
Und so geschah es, dass seit diesem Tage zu traditionellen Hochzeiten im Dithmarscher Land Rosinenbrot mit Mettwurst gereicht wird.
Und im Gedenken an diese schöne alte Tradition ist es für den Dithmarscher immer wieder ein kleines Fest, wenn er Rosinenbrot mit Mettwurst essen kann.